09.10.2023

Therapeutisches Gärtnern im medicos.AufSchalke

Der neue Therapiegarten im medicos.AufSchalke ist ein Gemeinschaftsprojekt des Hauses mit dem Sozialwerk St. Georg. Das Besondere: Alle profitieren, können hier besondere Erfahrungen machen, eine neue Gemeinschaft erleben – und nebenbei gesund naschen.

Hier kann man sich erden oder auch über sich hinauswachsen: Der neue Therapiegarten im medicos.AufSchalke ermöglicht Menschen mit Assistenzbedarf besondere Momente zu erleben – jenen, die den Berufsbildungsbereich des Sozialwerks St. Georg besuchen, und jenen, die im medicos.AufSchalke einer psychosomatischen Erkrankung wegen eine Reha absolvieren. Gleichsam erleben sie ein außergewöhnliches Miteinander mit überraschender Rollenverteilung.

„Einige Klienten von St. Georg sind in ihrer Kommunikation direkt und offen. Da sind unsere Teilnehmenden viel zurückhaltender“, erzählt Melanie Petz, Leiterin der Ergotherapie und Arbeitstherapie. In den gemeinsamen Stunden habe man erlebt, dass die Klienten die Rehabilitanten emotional erreichen, sie mitnehmen können und die gute Gemeinschaft fördern. „Das konnten wir so nicht vorhersehen“, zeigt sich auch Michael Wegmann, Fachbereichsleiter Berufsbildung, begeistert vom unerwarteten Erfolg. Denn auch die Klienten von St. Georg profitieren: „Wir erleben, dass unsere Leute hier an ihrer eigenen Empathie arbeiten und an den gemeinsamen Erlebnissen persönlich wachsen.“

 

Zucchini für die Lehrküche des medicos.AufSchalke

Beide sind glücklich, „ihren“ Garten nun erleben und bewirtschaften zu können. Sie freuen sich an den letzten Zucchini, die an üppigen Pflanzen wachsen, an dicken, noch grünen Tomaten, vielen Kräutern und ein paar Selleriepflanzen. Sie alle stehen in großen Hochbeeten, die das Gärtnern einfacher machen. Schon ganz gut sei die Ernte in diesem Jahr gewesen. „Einiges haben wir natürlich sofort probiert, anderes haben wir in die Lehrküche abgegeben. Das ist besonders schön, weil so eine weitere Abteilung des medicos.AufSchalke in das Projekt eingebunden wird“, meint Melanie Petz.

Am Rande der Wiese stehen einige Insektenhotels. Sie alle sind in der Holzwerkstatt von St. Georg entstanden, erbaut von Menschen mit Unterstützungsbedarf. Auch das freut Michael Wegmann besonders. Die Idee nämlich ist, so viele Menschen wie möglich an diesem so besonderen Gartenprojekt zu beteiligen.

Ein paar Meter weiter, nahe bei dem großen runden Tisch, ist gerade auch ein Bäumchen gepflanzt worden. „Wir hatten uns ein Mandelbäumchen gewünscht – um daran motivierende Sprüche aufzuhängen oder ganz persönliche Wünsche“, so die Ergotherapeutin. Erste Beispiele für solch berührende Botschaften der Rehabilitanten, Menschen, die sich gerade ihr Leben zurückerobern, finden sich schon seit einigen Wochen in der Hecke am Gartenende. Es sind bunt bemalte Holzschildchen. „Die Vergangenheit kann wehtun. Entweder man läuft davon, oder man lernt daraus“, steht etwa auf einem geschrieben. Ein anderes klingt entschlossener: „Do or do not – there is no try“ (dt.: „Tue es, oder tue es nicht – es gibt keinen Versuch“).

 

Gegärtnert wird nur bei schönem Wetter

Ein Spruch, den man so auch für die Gartenarbeit anwenden könnte. Dennoch, erzählt Melanie Petz, müsse sie den einen oder anderen zum Schaffen im Grünen beinahe überreden. Der therapeutische Nutzen nämlich ist belegt: „Ergotherapie orientiert sich immer an einer Betätigung, am besten an einer, die vertraut ist. Weil man weiß, dass das Gehirn das viel besser verarbeitet. Aufgenommen wird es von den Rehabilitanten aber ganz unterschiedlich. Aber wenn sie einmal im Garten sind und ganz bei der Sache, sind sie alle begeistert.“ Allerdings nur bei Sonnenschein, verrät die Ergotherapeutin lachend.

Dann erzählt sie noch eine sehr berührende Geschichte. Sie handelt von einem Rehabilitanten, der seinen Beruf als Garten- und Landschaftsbauer nicht mehr ausüben kann. „Das hat mich sehr berührt: Er war in der Gruppenarbeit immer sehr zurückgezogen. Als es dann hieß, wir gehen in den Garten, war das noch immer so. Denn er ist ja hier, weil er diese Arbeit nicht mehr ausüben kann. Im Garten ist er aber richtig aufgeblüht. Er hat uns alle an die Hand genommen, uns alles erklärt. In nur einer Therapieeinheit hat er auf diese Weise Kontakt zur Gruppe gefunden und das ist dann auch so geblieben. Die Gartenarbeit war also eigentlich für ihn negativ geprägt, weil sie für ihn nicht mehr leistbar war. Hier bei uns war er aber derjenige, der sich auskannte.“ Der Rehabilitant erlebt somit nicht nur die Gartenarbeit wieder ganz neu und findet eine neue Verbindung dazu, er erlebt auch seine Rolle völlig anders. Er ist nicht mehr der, der hinter den Kollegen zurücksteht. Im medicos.AufSchalke ist er der, von dessen Wissen alle profitieren.

Das zu hören berührt auch Michael Wegmann. Er bringt es auf den Punkt: „Der Therapiegarten war eine kleine Idee, die großartig geworden ist, die Großes zu leisten vermag und die zeigt, wie gut die Zusammenarbeit zwischen dem medicos.AufSchalke und dem Sozialwerk St. Georg ist.“

 

Michael Wegmann, Fachbereichsleiter Berufsbildung Sozialwerk St. Georg e.V. und Melanie Petz, Leiterin der Ergotherapie und Arbeitstherapie medicos.AufSchalke